Obwohl hochgelobt in diesem Jahr, wurde ich mit „Hagard“ (französisch für „verstört, verängstigt“) des Schweizer Autors Lukas Bärfuss nicht warm: Die Idee einer Flucht aus dem Alltag toll, der Erzählton unsympathisch herablassend. Philip, ein aus der Form geratener Mittvierziger, verkauft Lebensabendimmobilien in Ferienregionen an Senioren. Als er in einer Stadt, die Zürich sein könnte, von […]
Lion Feuchtwanger: Jud Süß (1925)
Im Württemberg des 18. Jahrhunderts erkennt einer die Begabung des jungen und politisch unbedeutenden Feldherrn Karl Alexander schnell: Joseph Süß Oppenheimer, der sich bereitwillig als Finanzmann in die Dienste des jungen Adligen stellt. Als dieser dann tatsächlich Herzog von Württemberg und einer der mächtigsten Männer zwischen Preußen und Wien wird, erlebt auch „Jud Süß“, wie […]
Kleffner, Meisner (Hg.): Unter Sachsen (2017)
Wer sich den Nachrichten nicht völlig versperrt, hört immer wieder von rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten, häufig in Ostdeutschland und besonders häufig in Sachsen. Aber warum gerade hier? Warum scheinen die Sachsen so anfällig zu sein für fremdenfeindliche Parolen und rechtes Gedankengut? Diesen Fragen geht das sehr wichtige Buch „Unter Sachsen. Zwischen Wut und Willkommen“ nach. In einem Wechsel […]
Deborah Feldman: Überbitten (2017)
Heute erscheint „Überbitten“, das dritte Buch der Wahlberlinerin Deborah Feldman. In ihrem Roman verarbeitet sie die Zeit nach dem Ausstieg aus einer isolierten jüdisch-orthodoxen Gemeinde in New York und beschreibt Ängste, Reisen und Freundschaften, die ihr Ankommen in der neuen Welt begleiten. Sieben Jahre sind es, die sie nach ihrem Ausbruch schildert. Sieben Jahre, das […]
Frank Wedekind: Frühlings Erwachen (1891)
Es gibt Bücher, die schreien schon Schullektüre!, kaum hat man sie begonnen. Da geht’s ums Erwachsenwerden, am besten gepaart mit Historischem und Gesellschaftskritik. „Frühlings Erwachen“ passt da genau ins Bild – und ich bin heilfroh, dass es mir zu Schulzeiten erspart geblieben ist. Zu Kaisers Zeiten herrschte eine verklemmte Sexualmoral. Schwierig für Heranwachsende, die nicht […]
Oscar Wilde: Ernst sein ist alles (1895)
Selten habe ich beim Lesen eines Theaterstückes so oft laut aufgelacht. Nicht, dass ich mich damit brüsten könnte, schon besonders viele Stücke gelesen zu haben, aber dennoch meine ich: Oscar Wildes Komödie schafft etwas wirklich Besonderes, denn sie ist beim Lesen einfach unglaublich lustig. Schon ohne Schauspieler, Bühne und Requisiten schmunzelt man leise oder laut […]
Georg Büchner: Leonce und Lena (1836)
Leonce und Lena habe ich hauptsächlich zur Hand genommen, weil mir Büchner mit „Woyzeck“ sehr gefallen hat. Von dieser Mischung aus Komödie und politischer Satire war ich aber enttäuscht. Zum Inhalt: Der gelangweilte und deshalb auch melancholische Anwärter auf den Königsthron Leonce flieht mit seinem launigen Diener und Freund Valerio vor einer arrangierten Heirat mit […]
Klaus Mann: Mephisto – Roman einer Karriere (1956)
Anders als sonst bin ich auf diesen Roman nicht durch Rezensionen oder auf eine Empfehlung hin aufmerksam geworden, sondern durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil, das sich mit dem Roman beschäftigt. Ehrverletzend soll er sein, nach seinem Autor zwar explizit kein Schlüsselroman. Doch der Protagonist sei eindeutig der Schauspieler Gustav Gründgens, ein Opportunist, ein mit-den-Nazis-Anbandler. Gründgens Adoptivsohn strengte […]
Imre Kertész: Roman eines Schicksallosen (1975)
Allen Mitlesern ein frohes und gesundes neues Jahr! Es geht gleich los mit Nobelpreiskost; die wurde allerdings noch im alten Jahr gelesen. Dabei lief allerdings nicht alles so, wie zunächst gedacht: Mit diesem viel gerühmten Roman hatte ich gleich zweifach einen schlechten Start – nur, um dann sehr positiv überrascht zu werden. Worum es geht: […]
Misha Anouk: Goodbye, Jehova!
Misha Anouk wurde in einem Zeitungsartikel der letzten Wochen erwähnt. Worum es ging, weiß ich gar nicht mehr, aber seine Lebensgeschichte hat mich sofort interessiert. Aussteiger-Bücher sind spannend. Geschlossene, teils undurchsichtige Gemeinschaften haben ja auch immer etwas Faszinierendes. Überrascht hat mich, auf welche Weise Anouk seinen Lesern diese Glaubensgemeinschaft, der er selbst 20 Jahre lang […]